Prozess nach Lesben-Gerücht Bauer sucht Frau 2013: Spricht Schrowange unaufrichtig über Lena?

Von Daniel Benedict | 29.10.2013, 02:53 Uhr

Inka Bause feiert Lenas Lesben-Power in „Bauer sucht Frau“. Und Birgit Schrowange feiert dafür RTL als Aufklärungssender. Schade, dass sie ihre eigenen Homophobie-Erfahrungen nicht anspricht.

Inka Bause lebt vom Spott über Schwächere. Offenbar verdirbt das ihr Karma: Binnen weniger Tage hat die Moderatorin ihren gefloppten ZDF-Talk verloren - und ihre MDR-Show noch dazu. Am 8. November, kurz vor ihrem 45 Geburtstag, nimmt sie von beiden Sendungen gleichzeitig Abschied. Ab sofort sieht man „Bauer sucht Frau“ also mit einem Gefühl der Genugtuung: Wer für RTL die TV-Hölle einheizt, kommt in ihr um.

Als Schlager-Star in Ost und West ist Bause zum Routinier des falschen Lächelns geworden. Bei einem aber erlaubt die „Bauer sucht Frau“-Moderatorin sich keine Doppelbödigkeit: Lena aus Ostfriesland, die erste Lesbe in der Kuppel-Show, muss gut aussehen. Für sie verkehrt Bause die Blickrichtung der Show: Zu Lena soll man aufschauen, statt auf sie herabzublicken. Die lesbische Ostfriesin ist bei RTL deshalb eine „patente Jungbäuerin“; unter den „sensiblen Schweinebauern“ und „munteren Münsterländern“ wird sie als einzige nicht schon durch ein Stammadjektiv blamiert. Mit Tank-Top und Cargohose könnte sie statt in den Stall auch in die Disco gehen. Und ihr Date Janine fährt Lena mit dem Cabrio zum Fallschirmspringen.

Lesbe im Schrott-TV: Ein Erfolg der Gender-Politik?

Das Bild begeistert auch Birgit Schrowange, die nach der Bauernshow das Publikum mit ihrem Magazin „extra“ bei RTL halten soll. Ganz schön mutig findet sie den Fallschirmsprung und leitet damit gekonnt zu einem Homophobie-Beitrag über: „Wie mutig müssen Frauen sein, die Frauen lieben?“ Unter dieser Fragestellung klopfen die RTL-Kollegen sich gegenseitig dafür auf die Schulter, dass „Bauer sucht Frau“ eine ganz normale Lesbe zeigt. Inka Bause lobt Lena als „supermutige, intelligente, tolle, offenherzige Frau“. Die Kuppelkandidatin selbst hofft dazu beizutragen, dass lesbische Frauen „den Mut bekommen, wenigstens in ihrem Umfeld offen zu leben“. Auch zwei Lesben aus dem einfachen Volke, die in der Sendung porträtiert werden, rufen: „Super, dass RTL so ein sympathisches Pärchen hat.“ Hut ab vor so viel Mut zur queeren Kandidatin. Bei „Bauer sucht Frau“ zugelassen zu werden, ist ganz sicher ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Wirklich angekommen sind Lesben natürlich erst dann, wenn Inka Bause sie wie alle andern Kandidaten ins offene Messer laufen lässt.

Was sagt Ramona Leiß dazu?

Der interessanteste Beitrag kommt von Ramona Leiß. Sie wiederholt in „extra“ noch einmal, was sie schon bei ihrer tragischen Selbstdemontage im RTL-Dschungelcamp zum Besten gegeben hatte: Ihr spätes Coming-out hat sie beruflich zerstört. O-Ton Leiß: „Hat mich mein Outing meine Karriere gekostet? Zu 80 Prozent ja. Zu 20 Prozent ist es wohl mein Alter gewesen.“ Ramona Leiß hat erst im Alter von 50 Jahren preisgegeben, dass sie eine Frau liebt. „Ich hätte mit Sicherheit keine Karriere gehabt, wenn ich mich früher geoutet hätte“, sagt sie nun ein weiteres Mal und erzählt von Schauspielerinnen, die ihre lesbische Identität verleugnen, weil sie sonst womöglich keine Hetero-Frauen mehr spielen könnten. Und sie schildert, wie man sich im Verborgenen fühlt: „einsam und verlassen“.

Das klingt anders als der muntere Off-Ton des „extra“-Beitrags, in dem es heißt: „Dass so eine Liebe genauso funktioniert wie alle anderen - mit allen Problemen -, das zeigt uns diese Staffel von „Bauer sucht Frau“.“ Mit Homophobie schlagen sich eben doch nur Lesben und Schwule rum. Dabei stimmt es ja: Das gesellschaftliche Klima wandelt sich endlich. Vor dem Verfassungsgericht erringen gleichgeschlechtliche Paare Erfolge beim Adoptionsrecht und dem Ehegattensplitting ; auch in der CDU bröckelt die Politik der blanken Aversion gegen Schwule und Lesben, sogar der Papst stellt die katholische Ausgrenzung von Homosexuellen neuerdings behutsam infrage. Gleichzeitig dreht Putin in Russland die Uhr zurück und verbietentüber Homosexualität auch nur zu sprechen.

Schmerzensgeld für Lesben-Gerücht

Für all das haben die aufgeklärten RTL-Redakteure jetzt natürlich keinen Sinn. Die Aufregung über eine echte Lesbe im eigenen Schrott-TV ist einfach zu groß. Schade, dass der Sender nicht den Biss hat, tiefer ins Thema einzusteigen. Dabei hätte Birgit Schrowange sich doch einfach nur selbst interviewen müssen. Anfang der 90er Jahre hat sie 50.000 DM Schmerzensgeld von Drafi Deutscher erstritten - weil der ihr eine lesbische Beziehung zu seiner damaligen Frau Isabel Varell unterstellt hatte. Musste sie, damals noch beim ZDF, auch Angst um ihre Karriere haben? Und würde es sie heute immer noch schmerzen, wenn die „Bild“-Leser sie für lesbisch hielten?

Was passiert, wenn Homophobie und Frauenfeindlichkeit zusammenwirken: Elke Amberg erklärt die doppelte Wahrnehmungsfalle von Lesben.

Frauen- oder Männerfeindlich? Warum das Geschlechterbild von Inka Bauses „Bauer sucht Frau“ allen schadet, lesen Sie hier.

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