Royale Mega-Party zum Queen-Jubiläum vor dem Buckingham-Palast: An die 40 Mitglieder der Royal Family verfolgen das Spektakel, Prinz Harry und Herzogin Meghan fehlen allerdings. Die Queen selbst schaut auf Schloss Windsor im Fernsehen zu.
Kurz vor Schluss wird der 73-jährige Prinz Charles wieder zum Kind. „Eure Majestät, Mami“, wendet sich der Thronfolger an seine Mutter, die Queen. Im Namen des ganzen Landes, ja der Welt, dankt ihr ältester Sohn Königin Elizabeth II. für ihre Regentschaft.

Rausch an Bildern und Botschaften
Es ist der emotionale Höhepunkt einer zweieinhalbstündigen Mega-Sause direkt vor dem Buckingham-Palast, der an Stars, Farbenpracht und Technik so gut wie alles auffährt, was möglich ist. Das Vereinigte Königreich, so der Eindruck, liegt seiner Königin nicht nur zu Füßen. Es ergibt sich ihr in einem nie da gewesenen Rausch an Bildern und Botschaften.
Queen in Videoclip
Kaum möglich, einen Höhepunkt herauszugreifen. Die „Platin-Party am Palast“, von der BBC organisiert, gerät zu einem Ausnahmezustand für die Sinne. Zum Auftakt schaut sogar die Queen vorbei, wenn auch nur von der Leinwand.
In einem gut zweiminütigen Clip trifft die 96-Jährige auf die beliebte Kinderbuchfigur Paddington. „Tee?“, fragt die Monarchin – und der tapsige Bär trinkt ohne Umschweife direkt aus der Kanne. Um seinen Lapsus wieder gut zu machen, bietet Paddington ein Marmeladenbrot an, das er als Notration stets im Hut trägt. Doch die Queen lehnt ab, öffnet ihre Handtasche – und zieht selbst ein Brot hervor. „Ich hebe meins hier auf“, sagt sie und lächelt.
Auftritt von Musikstars im Fünf-Minuten-Takt
Die Szene toppt selbst den Einspieler zur Eröffnung der Olympischen Sommerspiele 2012, als es so wirkte, als springe die Königin mit James-Bond-Darsteller Daniel Craig mit einem Fallschirm ab. Und in sagenhaftem Tempo geht es weiter. Auf mehreren Bühnen treten im Fünf-Minuten-Takt Musikstars auf, Innehalten ist nicht.

Als erstes ist die Rockband Queen mit Sänger Adam Lambert an der Reihe, Gitarrist Brian May steht stilecht vor dem Denkmal für Queen Victoria. Zeit zum Luftholen? Fehlanzeige, so schnell wechseln Sänger und Bühnen. Manchmal wirkt es, als seien die 22.000 Zuschauer noch benommen von einem Auftritt, da beginnt schon der nächste.
Auch die US-Sängerin Alicia Keys, der italienische Tenor Andrea Bocelli, die britische Band Duran Duran, Rod Stewart und der diesjährige britische Starter beim Eurovision Song Contest, Sam Ryder, waren mit von der Partie.
Die Motown-Legende Diana Ross hatte auf der 360-Grad-Bühne vor dem Buckingham-Palast ihren ersten Auftritt in Großbritannien seit 15 Jahren. Elton John beteiligte sich mit einer voraufgezeichneten rührenden Darbietung seines Hits "Your Song".
Prinz Harry und Meghan fehlen bei Spektakel
An die 40 Mitglieder der Royal Family verfolgen das Spektakel aus der Royal Box. In der ersten Reihe schwenken Harrys Bruder Prinz William, dessen Gattin Herzogin Kate und ihre beiden älteren Kinder Prinz George und Prinzessin Charlotte britische Fahnen, beim Gassenhauer „Sweet Caroline“, vorgetragen von Rod Stewart, singen sie mit.

Auf der Bühne stehen sie auch: Zunächst William, der einen emotionalen Appell für den Umweltschutz hält. Und fast zum Schluss dann Charles. „Im Namen von uns allen möchte ich Eurem lebenslangen selbstlosen Dienst meinen eigenen Tribut zollen“, gelobt der Thronfolger und vergisst auch „meinen Papa“ nicht, den 2021 gestorbenen Queen-Gemahl Prinz Philip.
Williams Bruder Harry und seine Frau Meghan, die anlässlich des Thronjubiläums aus den USA nach London gereist sind, kamen nicht zum Konzert. Ihr zweites Kind Lilibet hatte am Samstag Geburtstag.
Video-Botschaften von britischen Promis
Dazwischen: Video-Botschaften von einigen der bekanntesten Briten, den Schauspielerinnen Julie Andrews und Judi Dench, Beatle Paul McCartney, Fußballer David Beckham und Olympiasieger Mo Farah. „70 Jahre als unsere Regentin“, schwärmt Popstar Elton John.
Seit dem 6. Februar 1952 ist Elizabeth Königin, so lange wie keine Monarchin und kein Monarch zuvor. Immer wieder ist aus den Lautsprechern die Stimme der Queen zu hören, etwa ihr Versprechen, bis ans Lebensende ihrem Volk zu dienen. Anwesend ist die Jubilarin zwar nur auf der Leinwand.
Video: Feierlichkeiten in London zum 70. Thronjubiläum der Queen
Queen erholt sich vom Auftakt der Feiern
Die Queen selbst wollte sich das Spektakel zu ihren Ehren auf Schloss Windsor im Fernsehen anschauen. Am Freitag hatte Elizabeth II. bereits beim großen Dankgottesdienst in der Londoner Saint-Paul-Kathedrale wegen "Unwohlseins" gefehlt.
Auch ihren für Samstag geplanten Besuch des traditionsreichen Pferderennens in Epsom sagte die 96-Jährige aus gesundheitlichen Gründen ab. Zu Beginn der viertägigen Feierlichkeiten zu ihrem Platin-Thronjubiläum hatte sie sich aber am Donnerstag auf dem Balkon des Buckingham-Palasts einer jubelnden Menge gezeigt.
Kaum gibt es noch Britinnen oder Briten, die sich an ein anderes Staatsoberhaupt erinnern können.
Je später der Abend, desto mehr verwandelt sich der Buckingham-Palast in eine Filmleinwand. Bilder der Queen werden auf die Fassade projiziert, Farben und Muster. Immer wieder erstrahlt der „Union Jack“. Doch zum Schluss, als US-Soul-Ikone Diana Ross singt, ist auch der Palast nur noch Beiwerk.
Abschiedszeremonie für die Queen?
Im Himmel über dem Schloss malen Drohnen bewegliche Bilder in die Luft, Symbole der Queen: ein Corgi – ihre liebste Hunderasse, eine Handtasche, eine Teekanne, ein galoppierendes Pferd. Schließlich die Queen als Briefmarke.
Und spätestens hier entsteht der Eindruck: Es geht längst nicht mehr um das Jubiläum, sondern um das Vermächtnis. Die Queen als Marke, zu der alle aufsehen, nicht mehr von dieser Welt, sondern über den Dingen stehend. Es wirkt wie eine Abschiedszeremonie.