Die Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann erhalten durch ein Video der Youtuberin Kayla Shyx neue Wucht. Die 21-Jährige berichtet darin von verstörenden Erlebnissen auf einer Aftershow-Party der Band in Berlin.
Seit Wochen gibt es Missbrauchsvorwürfe gegen Till Lindemann, den Sänger der Berliner Band Rammstein. Es geht dabei um sexuelle Übergriffe bei Konzerten im Backstage-Bereich. Vor zwei Wochen behauptete die Irin Shelby Lynn auf Twitter, sie sei beim Rammstein-Konzert in Vilnius unter Drogen gesetzt worden. Dazu stellte sie Fotos von massiven Blutergüssen ins Netz, die sie sich nicht erklären könne.
Kurz darauf veröffentlichten NDR und „Süddeutsche Zeitung“ die Vorwürfe weiterer junger Frauen, die allerdings nicht mit ihrem vollen Namen zitiert werden wollten. Sie haben laut NDR und „SZ“ ihre Aussagen an Eides statt versichert, zudem lägen weitere Zeugenaussagen vor. Auch in anderen Medien meldeten sich weitere Zeuginnen zu Wort, die – zum Teil auch als Fürsprecherinnen der Band – das System der sogenannten Row Zero schildern.
Wie in einem Casting sollen junge Frauen systematisch angeschrieben worden sein. Von einer sogenannten „Casting-Direktorin“ namens Alena Makeeva seien sie in die erste Reihe der Bühnenshows sowie auf Partys eingeladen worden. Dabei seien ihnen Dresscodes vorgegeben worden, auch die Bereitschaft zu Sex mit Till Lindemann sei mitunter abgefragt worden. Im Raum steht auch der Vorwurf, Frauen seien auf den Partys Drogen oder K.O.-Tropfen verabreicht worden.
Die Band Rammstein hat die Anwälte Simon Bergmann und Christian Schertz beauftragt, die zu den Vorwürfen, Frauen seien bei Konzerten von „Rammstein“ mithilfe von K.O.-Tropfen beziehungsweise Alkohol betäubt worden, um Lindemann zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können, mitteilten: „Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr.“
Zuvor hatte die Band in einem Statement auf Instagram reagiert, in dem sie „jede Art von Übergriffen“ verurteilt und darum bittet, sie und die Frauen, die Anschuldigungen erhoben haben, nicht vorzuverurteilen.
Laut Medienberichten soll Alena Makeeva von der Band inzwischen gefeuert worden sein, sie soll aber auch nie Geld von Rammstein bekommen haben. Die Band soll inzwischen Anwälte sowie eine Agentur für Krisen-PR engagiert haben.
Influencerin: Ich war eine von „Till‘s Girls“
Nun hat sich die Influencerin Kayla Shyx mit einem 34-minütigen Youtube-Video zu Wort gemeldet, das bis Donnerstagnachmittag schon 3,7 Millionen mal angeklickt worden war. Das Video trägt den Titel „Was wirklich bei Rammstein Afterpartys passiert“. Darin schildert Shyx detailliert, was sie angeblich selbst auf einer Rammstein-Afterparty im Juni 2022 in Berlin erlebt haben will und bekräftigt damit die im Raum stehenden Vorwürfe von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt gegen Till Lindemann.
Wer ist Kayla Shyx?
Kayla Shyx ist eine Influencerin, und zwar eine der großen in Deutschland: Sie hatte bereits vor dem Video 800.000 Follower auf Instagram, auf Tiktok folgen ihr 1,7 Millionen Menschen und ihr Youtube-Kanal hat über 760.000 Abonnenten. Ins Leben gerufen hat sie ihn 2016, als sie auch mit der im KiKA ausgestrahlten Doku-Soap „Mädchen-WG“ bekannt wurde.
Die 21-Jährige ist in Berlin geboren und heißt bürgerlich Kaya Loska. Mittlerweile lebt sie in Amsterdam. Sie war als Schauspielerin in mehreren Serien sowie in „Krass Klassenfahrt - Der Kinofilm“ zu sehen und hat mit dem Internethändler About You eine Modekollektion entworfen.
Worum es in dem Video von Kayla Shyx geht
Im Video erzählt Shyx, wie sie und ihre damals 18-jährige Freundin auf einem Konzert der Band, für das sie Freikarten erhalten hatte, von Alena Makeeva in der „Row Zero“ angesprochen und zur Aftershow-Party eingeladen wurden. Die „Casting Direktorin“ habe ihnen in Aussicht gestellt, „Till zu treffen“, obwohl sie nicht danach gefragt hätten. Auf der Party seien die beiden in einen Nebenraum mit Sofas und Alkohol geführt worden, der von vier Security-Männern abgeriegelt worden sei. Am Eingang seien ihre Handys konfisziert worden. Dort hätten bereits andere Frauen gewartet, von denen einige benebelt schienen.
Von einer der Anwesenden habe sie dann erfahren, dass sie zu einer Auswahl an Frauen gehöre, von denen Lindemann sich später einzelne „aussuchen“ werde, so erzählt sie es in dem Video. Sie sei daraufhin in Panik geraten und habe mit ihrer Freundin versucht, den Raum zu verlassen. Makeeva sei ungehalten geworden und habe versucht, sie zum Bleiben zu überreden, ihnen Alkohol angeboten, worauf die zwei sich jedoch nicht eingelassen hätten.
Daneben liest Kayla Shyx in dem Video auch Chatnachrichten von Frauen vor, die entweder durch Substanzeinfluss zu beeinträchtigt gewesen seien, um die Reißleine zu ziehen oder sich in dem einschüchternden Setting nicht getraut hätten, „Nein“ zu sagen.
Nach eigener Aussage hat Shyx bereits direkt nach dem Rammstein-Konzert ein Video gedreht, weil sie es als sehr falsch empfunden habe, was sie dort erlebt habe. Es sei aber nie online gegangen. Ihr damaliges Management habe ihr gesagt, sie solle die Story löschen und sich erstmal nicht öffentlich zu ihrer Erfahrung auf dem Konzert äußern. Wenn sie jemanden „in der Industrie“ davon erzählt habe, sei ihr immer gesagt worden, nicht darüber zu reden. „Alle haben es kleingeredet. Ich hatte einfach Angst. Ich habe auch jetzt Angst, das Video zu drehen“, so Shyx.
Bei den sehr detaillierten Schilderungen der Youtuberin handelt es sich um unverifizierte Behauptungen. Ob ihre Aussagen stimmen, ist von außen schwer zu beurteilen. Auch ob die vorgelesenen Nachrichten von anderen Frauen echt und wahr sind, ist schwer verifizierbar. Allerdings decken sich die Aussagen mit anderen Berichten. Nach wie vor gilt die Unschuldsvermutung.
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