„Es hatte etwas Therapeutisches“ Christoph Maria Herbst über den Stromberg-Film

Von Eva Voß | 17.02.2014, 17:33 Uhr

Viele halten ihn für den schlimmsten Chef Deutschlands, jetzt kommt er ins Kino: Bernd Stromberg. Hauptdarsteller Christoph Maria Herbst spricht im Interview über die guten Seiten seiner Figur, anstrengende Drehtage und warum er heute noch von seiner Bankerlehre profitiert.

Herr Herbst, meine Kollegen haben mich gerade noch daran erinnert, dass Sie „Herbst“ heißen und nicht „Stromberg“. Passiert es oft, dass Sie mit falschem Namen angesprochen werden?

Das passiert schon. Aber die Leute erkennen mich weniger, weil ich privat ganz anders aussehe als Stromberg und das ist auch gut so. Aber es war ja auch meine Idee, dass der Stromberg so aussieht, wie er aussieht. Viele erkennen mich aber, wenn Sie mich sprechen hören. Anscheinend habe ich eine sehr markante Stimme. Aber solange ich die Schnauze halte, lässt man mich in Ruhe.

In anderen Interviews haben Sie gesagt, dass der Stromberg für Sie auserzählt ist. Im Film singt er jetzt aber sogar. Können Sie sich nicht doch noch eine Karriere als Alleinunterhalter für ihn vorstellen?

Oh ja, daran arbeiten wir auch noch. Aber das kann natürlich noch fünf, sechs, sieben Jahre dauern, bis wir da ein ordentliches Programm aufgestellt haben. Es freut mich als Schauspieler natürlich auch, dass ich mir jetzt noch ein zweites Standbein aufbauen kann. Ich denke, dass die Tage eines Jürgen Drews, der sich selbst als König von Mallorca bezeichnet, gezählt sind. Bald kommt der Papa von Mallorca. Und mit „Lass das mal den Papa machen“ habe ich auch einen sehr ballermannverdächtigen Hit abgeliefert.

Haben Sie eigentlich einen Busführerschein, im Film kutschieren Sie damit ja Ihre Kollegen?

Jetzt kommen die fiesen und spitzfindigen Fragen, die ich mit einem klaren „Jein“ beantworten möchte. Ich habe keinen Personenbeförderungsschein. Wir befinden uns hier in einer Grauzone der Legalität. Bei den Dreharbeiten wurden damals ganze Straßenzüge abgesperrt, damit ich diesen Bus fahren durfte. Aber allein für diese Szene hat es sich gelohnt, vor zehn Jahren die Rolle des Strombergs zu übernehmen. Das hat unfassbaren Spaß gemacht. Sie müssten aber vielleicht meine Kollegen fragen, wie die es fanden. Die habe ich ja immerhin chauffiert. Ich glaube, da hat sich schon der eine oder andere eingenässt. Es ist aber tatsächlich kein Mensch und auch nicht mal ein Tier zu Schaden gekommen, obwohl wir das auf dem Land gedreht haben.

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War das auch Ihre Lieblingsszene im Film?

Ja, aber es gab noch eine andere Szene, die mir sehr gefallen hat. In der musste ich einer sehr attraktiven Frau mit einem sehr festen, großen Busen über Minuten den selbigen halten – doppelhändig. Das mussten wir immer wieder drehen, weil ich einfach zu blöd war. Manchmal können Dreharbeiten eben sehr anstrengend sein.

Stromberg ist ja aber nicht nur das Ekel, er zeigt auch, dass er gute Seiten hat. Glauben Sie, dass die Fans ihn deshalb so sehr lieben?

Ich glaube, ja. In solchen Momenten erkennen wir uns selbst ein Stück weit wieder. Denn es gibt niemanden, der ausschließlich schlecht ist, und niemanden, der ausschließlich gut ist. Ich habe immer versucht, mit dem Stromberg einen Menschen aufzublättern. Ich wollte keine Abziehfigur spielen, die eigentlich eher in einen Sketch gehören würde. Es ging mir darum, jemanden aus Fleisch und Blut zu spielen. Viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen schreiben immer wieder „Arschloch-Chef“, „Ekel“, und „schlimmster Chef aller Zeiten“. Das ist aber tatsächlich nur die eine Seite. Die Journalisten, die das so schreiben, haben dann nicht richtig hingeguckt oder sind nicht sensibel genug dafür. Ich glaube, die Menschen erfreuen sich vor allem daran, ihn scheitern zu sehen, aber noch mehr, wenn ihm auch mal was gelingt. Also kann er so ganz schlecht nicht sein.

Sie haben ja selbst auch eine Ausbildung im Büro gemacht, zum Bankkaufmann. Hat Ihnen diese Erfahrung bei der Rolle des Strombergs geholfen?

Ich fürchte, ja. Es hatte vor allem etwas Therapeutisches für mich, den Stromberg zu spielen. So konnte ich all die kleinen Mini-Traumata, die ich noch in meinem Unterbewusstsein geparkt hatte, für den Stromberg wieder schön erbrechen. Ich glaube, damit habe ich sie von meiner Langzeitfestplatte für alle Zeiten gelöscht.

War es so schlimm?

Ja, ich habe so Leute wie den Stromberg damals wirklich kennengelernt. Der Chef der Scheckwechselabteilung, der sah damals genau so aus wie Stromberg. Er hatte allerdings charakterlich mit ihm nichts zu tun. Ich habe aber andere erlebt, die komplett anders aussahen als Stromberg, da war aber der Charakter eins zu eins derselbe. Ich habe bei Stromberg also schon über das Drehbuch hinaus das eine oder andere selbst erlebte mit einfließen lassen. Aber auch das versorgt so eine Figur ja erst mit dem nötigen Fleisch und macht sie dann so schillernd und bunt, dass man sie dann wirklich glauben kann.

Das Aussehen des Strombergs war ja ihre Idee. Dann haben Sie sich an ihrem alten Chef orientiert?

Ja. Und für mich ist dieser Look, also Haarkranz und Klobrillenbart, schon irgendwie typisch deutsch. Ich hatte mal einen alten Lateinlehrer, der so aussah.

Werden Sie sich jemals wieder einen Klobrillenbart wachsen lassen?

Der Bart, so wie er jetzt bei Stromberg aussieht, ist ziemlich abgefrühstückt. Aber es gibt ja andere Kollegen, die mir da durchaus nacheifern: Zum Beispiel Jan Josef Liefers, der mir als Professor Boerne im Münsteraner Tatort den Bart geklaut hat.

Wo ist aus Ihrer Sicht der Unterschied zwischen Film und Serie?

Viele dachten, dass wir unter einem ungeheuren Druck hätten stehen müssen, weil die Fans eine Million Euro dazugegeben haben. Oder es müsste sich in unserer Arbeit niederschlagen, dass wir bei dem Film nun für das Kino gedreht haben und nicht für das Fernsehen. Das haben wir alle aber nicht festgestellt. Das würde auch etwas Schlimmes bedeuten: Nämlich, dass man beim Fernsehen Dienst nach Vorschrift macht und sobald es ins Kino geht, sich richtig Mühe gibt. Das ist aber Quatsch. Ich habe keine Unterschiede gemerkt, in meiner eigenen Arbeit und auch bei den Kolleginnen und Kollegen nicht. Die haben sich den Arsch wirklich bis zur Halskrause aufgerissen, wie wir es für die TV-Serie auch schon gemacht haben. Das sind wir erst einmal uns selbst schuldig und vor allem natürlich auch den Fans. Wir haben auch glücklicherweise nicht den Fehler gemacht, jetzt alles neu zu erfinden und neu zu erzählen zu wollen. Die Stromberg-Welt ist gesetzt und gelernt und genau so geht es auch im Kino weiter. Trotzdem ist es uns gelungen, einen Kinofilm zu machen, der auch ins Kino gehört. So wie wir ihn jetzt gemacht haben, hätten wir den fürs Fernsehen nicht machen können.

Stromberg nach Mallorca?

Warum?

Weil wir da redaktionelle Probleme bekommen hätten und weil es dafür einfach zu teuer war. Man muss immer ein 70- oder 80-köpfiges Team bewegen. Die Stromberg-Serie fürs Fernsehen wird mit einem kleinen Budget gemacht. Wir sind bei vier bis fünf Drehtagen pro Folge etwa vier oder viereinhalb Tage in den Büroräumlichkeiten der Capitol-Versicherung. Das kostet dann nicht die Welt. Aber die Logistik, die man für einen Stromberg-Film braucht, ist für einen Fernsehfilm nicht umsetzbar. Wir mussten mehrfach umziehen, denn wir haben in verschiedensten Locations gedreht. Da muss sich so ein ganzer Tross erst einmal hinbewegen.

Viele Sprüche aus der Serie sind längst Kult. Welcher Spruch aus dem Film könnte Kultcharakter erlangen?

Mir fällt da spontan ein: „Wenn meine Omma Hupen hätte, dann wäre sie ein Lkw“. Oder: „Die Frau ist ja nicht deswegen intelligent, weil sie scheiße aussieht“. Das sind Sätze, die hängen geblieben sind. Ich finde die Szene auch sehr schön, in der die Berkel, Stromberg und der Personalchef aus der Zentrale zusammenstehen. Der Personalchef sagt zu Stromberg: „Sexuelle Belästigung dulde ich nicht in unserer Firma.“ Darauf sagt Stromberg dann: „Nein, nein, das ist klar. Für sexuelle Belästigung ist sie auch gar nicht mein Typ.“ Ich glaube, damit ist uns ein Frauenfilm gelungen. Sie lachen ja jetzt schließlich auch. Die Männer gehen sowieso rein. Und ich glaube, wir sind mit dem Film auch noch ein Stück weit emotionaler geworden – schon auch romantisch. Und an der einen oder anderen Stelle kann man sich als Zuschauer oder eben als Zuschauerin auch ein Tränchen wegdrücken. Wir sind hier noch einmal in andere Bereiche des menschlichen Miteinanders vorgedrungen. Ich glaube es ist Family-Entertainment und die Fans von 9 bis 99 Jahre sind herzlich willkommen.

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