ARD-Talk „Maischberger“ Hartz-IV-Empfängerin kritisiert Bürgergeld: „Gleicht nicht mal Inflation aus“

Von Maria Lentz | 23.11.2022, 13:29 Uhr 10 Leserkommentare

Ein Kompromiss ist gefunden, das von der Ampelkoalition geplante Bürgergeld kann kommen. Endlich Gerechtigkeit? Eine Metzgermeisterin und eine Hartz-IV-Empfängerin diskutierten das bei „Maischberger“ am Dienstag kontrovers. Eine Meinung: Die Reform bestrafe alle, die arbeiten gehen.

Die Bundesregierung hat sich im Streit um das Bürgergeld endlich geeinigt. Doch wie gerecht ist die Reform? Dieser Frage ging Sandra Maischberger mit ihren Gästen am Dienstagabend im TV Talk der ARD nach.

Für Fleischermeisterin Nora Seitz aus Chemnitz ist klar: „Das Bürgergeld bestraft alle, die schuften.“ Die Bürgergeld-Bezüge reichen ihrer Einschätzung nach fast an das Netto-Gehalt einer Verkäuferin ran, die Mindestlohn bekommt. Mehr Gehalt zu zahlen, sei aber oft nicht möglich, wie sie als Chefin eines Betriebs weiß.

Metzgermeisterin: Die Politik treibt das Handwerk an die Wand

Die hohen Energiepreise und andere Preissteigerungen gehen an einem kleinen Familienunternehmen, wie dem von Nora Seitz, nicht vorbei – im Gegenteil: „Es ist existenzbedrohend.“

Sie vermisst in der Politik ein klares Bekenntnis zum Handwerk: „Im Moment treiben wir das Handwerk an die Wand. Wir werden gegen die Industrie ausgespielt.“ Denn mit den Preisen, die die „Großen“ zahlen können, könne die Metzgermeisterin nicht mithalten und sie fragt sich: „Was ist Arbeit in Deutschland eigentlich noch wert?“

Hartz-IV-Empfängerin: Politik spielt Arme gegen Ärmste aus

Hartz-IV-Empfängerin Susanne Hansen aus Hamburg kann die Probleme verstehen. Sie wisse, dass auch Menschen, die arbeiten gehen, oft von Armut betroffen sind und sieht ein strukturelles Problem in Deutschland: „Es ist eine Politik im Moment, die darauf aus ist, Arme gegen Ärmste auszuspielen.“

Susanne Hansen engagiert sich in der Bewegung #IchBinArmutbetroffen ehrenamtlich für Menschen, die in Deutschland am Existenzminimum leben. Sie selbst wisse kaum, wie sie angesichts der hohen Energiepreise und der Inflation über die Runden kommen kann.

„Ich habe mit meinem Sohn zusammen 102 Euro in der Woche und wenn er dann sagt, ich brauch eine neue Winterjacke, muss ich überlegen: Gibt es Essen oder gibt es Kleidung?“, erzählt sie. Sie habe sich das sicher nicht selbst ausgesucht.

Erhöhung bei Bürgergeld reicht nicht mal als Inflationsausgleich

Sandra Maischberger fragt nach, ob die 53 Euro mehr, die es durch das Bürgergeld geben wird, dann genug sind. „Es ist ja keine Erhöhung, es ist tatsächlich ein Inflationsausgleich, der noch nicht mal die tatsächlichen Kosten, die jetzt mehr entstehen für Lebensmittel, deckt“, meint Hansen.

Am Ende bleibt auch nach der Reform zu wenig Geld – nur, dass die Konflikten zwischen erwerbstätigen Geringverdienern und Hartz-IV-Beziehenden wachsen.

Hier können Sie die Sendung nachschauen.

Weitere Gäste der Sendung von Dienstag, 22. November:

  • Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen)
  • ARD-Sportmoderator und Journalist Gerhard Delling
  • Chefreporterin der „Welt“ Anna Schneider
  • Kolumnist und Autor Hajo Schumacher
10 Kommentare
Dieter Peters
Herr Schmidt, das Sozialamt bezahlt nicht nur die 800 Euro Bargeld, sondern auch die Miete plus Heizkosten und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Die Sozialversicherungsbeiträge gehen natürlich direkt an die Krankenversicherung, wie bei Arbeitnehmern auch. Es sind eben nicht nur "102 Euro pro Woche", sondern 1.800 - 2.000 Euro, die arbeitende Steuerzahler jeden Monat für die Frau u...