Apple Music vs. Spotify, Napster & Co. Wie gut ist der neue Streaming-Dienst von Apple?

Von Frederik Grabbe | 09.06.2015, 14:45 Uhr

Sehnlichst war er erwartet worden, jetzt ist es Gewissheit: Apple Music heißt der neue Musik-Streaming-Dienst, mit dem Apple Ende Juni an den Markt gehen will – und der ist umkämpft. Was halten Spotify, Deezer und Co. dagegen? Ein Vergleich mit Apples größten Konkurrenten im Streamingmarkt.

Apple drängt mit einem eigenen Musik-Streaming-Dienst auf den Markt: Bei der Entwicklerkonferenz WWDC stellte der Konzern am Montagabend in San Francisco Apple Music vor. Vollmundig kündigte Apples Chef-Manager Tim Cook an: „Es wird die Art und Weise verändern, wie Ihr alle Musik erlebt.“ So soll das Angebot aussehen: Über Apples Musik-Software iTunes soll sich der gesamte Musikkatalog von rund 30 Millionen Liedern durchsuchen und streamen lassen. In einer eigenen App sind für Mobilgeräte die Angebote zusammengefasst. Der Katalog wird über Wiedergabelisten angeboten, die von einer Musikredaktion kuratiert werden und sich etwa nach einem Genre oder einer Tagesaktivität der Nutzer richten. Dazu gibt es ein eigenes Radio namens Beats One. Prominente DJs stellen dort ihre Musik vor. Zudem soll es über eine besondere Social-Network-Komponente namens Connect für Künstler möglich sein, ihre Inhalte wie Songs oder Fotos hochzuladen, um sich vor einem breiten Publikum zu präsentieren. Eigene Songs sollen zu Apple Music hinzugefügt und das gesamte Angebot offline gehört werden können.

Apple Music soll für 9,99 US-Dollar (umgerechnet 8,95 Euro) monatlich zu haben sein, für Familien bis zu sechs Personen gibt es einen eigenen Tarif von 14,99 Dollar. Beide Preismodelle lassen sich drei Monate lang kostenfrei testen. Preise für Deutschland sollen zu offiziellen Start am 30. Juni bekannt gegeben werden. Dann soll Apple Music in 100 Ländern verfügbar sein. Eine App für Andoid soll erst im Herbst folgen.

Doch kann dieses Angebot mit denen der Mitbewerber mithalten? Der Markt des Musikstreamings ist hart umkämpft. Hier eine Übersicht über die größten Konkurrenten Apples auf dem Markt:

Spotify

Unumstrittener Platzhirsch mit 60 Millionen Kunden, darunter 15 Millionen zahlende, ist der schwedische Musik-Streaming-Dienst Spotify. Spotify führt eine kostenfreie und eine kostenpflichtige Variante an. Bei der kostenfreien Version klinkt sich nach jedem fünften Song ein etwa 20-sekündiger Werbeblock ein. Zudem tauchen gelegentlich stumme Werbevideos auf. Zwar lassen sich einzelne Lieder gezielt anwählen, aus Playlisten oder angewählten Alben lassen sich die Songs aber nur zufällig wiedergeben.

Beim Spotify Premium-Angebot entfällt die Werbung. Jeder Song im 30 Millionen Titel starken Katalog ist zudem in einer besseren Klangqualität zu hören. Spotify führt drei Qualitätsstufen. In der Bezahlvariante sind die erstellten Playlisten auch offline hörbar. Allerdings sind diese recht wuchtig: Empfohlen werden ein Gigabyte Speicherplatz oder mehr pro Playlist. Praktisch ist, dass sie als Link in Mails und in Messengern verschickt oder in Webseiten eingebaut werden können – die Playlist öffnet sich dann im Spotify des Empfängers. Die Kosten fürs Premium-Angebot betragen 9,99 Euro monatlich. Das Modell kann zuvor 60 Tage lang getestet werden. Für Studenten ist der Studentenrabatt aufs Premium-Modell von 50 Prozent interessant.

Der Zugriff erfolgt auf PCs über den Browser oder über einen installierten Client, auf mobilem Wege über Smartphones oder Tablets mit iOS oder Android-Systemen.

User können Lieder zu Spotify hochladen, sofern sie als MP3, MP4 oder M4P vorliegen. In Kürze will bei Spotify auch Nachrichten in Videoform anbieten und das eigene Angebot ausbauen.

Deezer

Spotify mag Marktführer sein, der französische Musik-Streaming-Dienst Deezer führt den umfangreichsten Katalog: 35 Millionen Songs bietet Deezer an. Zugänglich sind sie in einem kostenlosen und einem Bezahl-Modell. Deezer bietet sein Premium-Plus-Paket für 9,99 Euro an. Dies schließt unbegrenzten und werbefreien Zugriff am PC und am Tablet auf den gesamten Katalog ein.

Über die automatische Flow-Funktion empfiehlt Deezer Songs auf Grundlage der vom Nutzer markierten Favoriten. Dazu kommt der Faktor Mensch: Sogenannte „Deezer Editors“ suchen Songs aus, die mit den Hörvorlieben der Nutzer abgeglichen und empfohlen werden. Kaum ein Streaming-Dienst dürfte personalisierter sein. Im Premium-Plus-Modell kann offline Musik gehört werden, dazu kann der Nutzer eigene MP3s importieren. Andere Formate werden nicht unterstützt. In der Bezahlvariante, die 30 Tage lang kostenfrei getestet werden kann, ist die Klangqualität eine bessere. Als Bonbon zeigt Deezer auf Wunsch den Songtext an – falls jemand Lust aufs Mitsingen bekommt.

Über die Gratisversion „Discovery“ ist am PC der gesamte Deezer-Katalog per Stream mit Werbeeinblendungen zu hören. Am Smartphone sind lediglich der Flow- und ein Radio-Modus verfügbar. Lieder können also nicht gezielt angehört werden. Zudem ist die Klangqualität geringer.

Generell gilt für Deezer, dass Playlisten einzubetten und zu verschicken sind, der Dienst läuft über den Webbrowser oder über mobile Apps für iPhones und Geräte mit Android- oder Windows-Oberflächen.

Musikliebhaber dürfte interessieren, dass Deezer nicht nur Stücke der großen Musikvermarkter, sondern auch die kleinerer Labels und von vertragslosen Musikern anbietet. Somit ist auch die Bandbreite zwischen Kommerz und Kunst größer.

Will der Konkurrent Spotify aus Schweden ins Videogeschäft einsteigen, bietet Deezer bereits Nachrichten-, Unterhaltungs- und Sportsendungen über Podcasts ab. Dies aber nur in Frankreich, Großbritannien und Schweden. International wollen die Franzosen in den kommenden Monaten Angebote schaffen, kündigt das Unternehmen an.

Napster

Napster galt Ende der 90er-Jahre als Revolutionär des Musikgeschäfts. Die kostenlose Verteilung vom MP3s von privaten Usern über das Netz nach dem Open-Source-Prinzip hatte allerdings rechtliche Folgen: Nach Klagewellen in den USA wurde der Dienst 2001 eingestellt. Heute bietet Napster Musik per Streaming an. Die Stichworte Open Source und kostenfrei sind aber Geschichte: Napster lässt Nutzer seine 20 Millionen Songs in zwei Bezahlmodellen hören.

Bei der Music Flatrate für 7,95 Euro erhält der User am PC Zugriff auf den vollen Musikkatalog, mit mobilen Geräten aber nicht. Erst beim Bezahlmodell Music Flatrate +Mobile ist Musik über Smartphones zu hören. Nach einer 30-tägigen Testphase fallen 9,95 Euro monatlich an. Nur in diesem Modus können mobil ohne Internetzugang Songs angehört werden, die der Nutzer vorher am PC markiert hat.

Nützlich ist die Napster-Software, die mit denselben Login-Daten an bis zu drei PCs installiert werden kann (Mac sowie Windows 7 und 8). Musik lässt sich über Internetbrowser abspielen. Napster arbeitet ebenfalls mit Playlisten und Vorschlägen. Größtes Manko ist, dass Musikdateien nicht vom Rechner importiert werden können. Ist man unterwegs, liegt die eigene Musik-Sammlung also brach.

Tidal

Kostenpflichtig und mit Hang zum besseren Sound – so lässt sich das Angebot des US-amerikanischen Musik-Streaming-Dienstes Tidal zusammenfassen. Das Unternehmen und wurde erst im März vom US-Rapper Jay Z gekauft. Die Standardvariante Tidal Premium ist für 9,99 Euro zu haben und wirbt mit dem Zugriff auf 75000 hochaufgelöste Musikvideos und einem Musikkatalog von 25 Millionen Liedern. Zudem ist ein Offline-Modus für Alben und Playlisten verfügbar. Der einzige Unterschied der 19,99 Euro teuren Variante Tidal HiFi ist die Wiedergabe in verlustfreier High-Fidelitiy-Qualität, ein Modell, das nach Branchenberichten bisher nicht wirklich eingeschlagen hat. Höhere Qualität heißt auch mehr Datenmenge – darum spricht Tidal von möglichen Unterbrechungen in der Übertragung, sofern sich der Nutzer schnell mit dem Zug oder dem Auto bewegt, und weist auf den Offline-Modus hin. Beide werbefreien Modi können 30 Tage lang kostenfrei getestet werden, ehe gezahlt werden muss.

Auf dem Smartphone oder Tablet per App und auf dem PC mit per Browser lässt sich auf Tidal zugreifen. Vor wenigen Tagen erst hat der Streaming-Dienst eine Desktop-Software auf den Markt gebracht, die unter anderem Airplay-fähige Geräte erkennt. So kann Musik kabellos über entsprechende Boxen abgespielt werden. Das ist ein nettes Bonbon. Jedoch lässt sich eigene Musik nicht importieren.

Soundcloud

Ein vollkommen anderes Verständnis des Musik-Streamens verkörpert Soundcloud: In erster Linie unbekannte Musiker und unabhängige Labels sollen ihre Songs auf die Plattform hochladen. Soundcloud ist extrem social-media-affin. Songs können bewertet, kommentiert und schnell bei Facebook, Twitter, tumblr und Co. geteilt werden. So soll den Musikern ein breites Forum entstehen. Statistiken über Abrufe und Hörervorlieben sind zugänglich und können ausgewertet werden – auch das ist Vergleich zu anderen Diensten neu.

Für jene, die Musik nur hören wollen, ist Soundcloud kostenlos. Der Nachteil: Der Musikkatalog ist nicht unbedingt auf Mainstream ausgelegt. Zwar findet man in der Bibliothek bekannte Interpreten, aber der Katalog ist in diesem Bezug eher löchrig.

Entsprechend des Soundcloud-Konzeptes ist auch das Tarifwerk gestrickt: Es orientiert sich an Stunden von hochgeladener Musik. Kostenfrei können zwei Stunden Musik hochgeladen werden, in der Pro-Variante sind es für vier Euro im Monat sechs Stunden, im Pro Unlimited-Modell für neun Euro lässt sich unbegrenzt Musik hochladen – wobei über ein ganzes Jahr auch Rabatte möglich sind. Bei den Bezahlvarianten gibt es noch Unterschiede in den Möglichkeiten der statistischen Auswertung.

Soundcloud läuft über den Browser am iPC und über App auf mobilen Geräten mit iOS- oder Android-Systemen. Offline ist das Angebot nicht zu hören.

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