Geht es nach Vertretern von SPD und Grünen könnte die Mehrwertsteuer für Milchersatzprodukte bereits zum Januar gesenkt werden. Bislang ist die Steuer höher als auf Milch.
Vertreter von SPD und Grünen haben einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf pflanzliche Milchalternativen ins Spiel gebracht. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, die Mehrwertsteuer auf Milchersatzprodukte bereits kurzfristig im Rahmen der anstehenden Verhandlungen zum Jahressteuergesetz zum 1. Januar 2024 auf sieben Prozent zu reduzieren", sagte der SPD-Finanzpolitiker Tim Klüssendorf der "Welt am Sonntag". Unterstützung erhielt er von den Grünen.
Bislang wird auf Kuhmilch ein Satz von sieben Prozent erhoben, bei Milchersatzprodukten sind es 19 Prozent. Eine Anpassung der unterschiedlichen Sätze sei lange überfällig, sagte Klüssendorf. "Ich sehe gute Chancen, dass wir dafür die notwendige Mehrheit in der Ampel-Koalition bekommen."
Ungleichbehandlung stößt auf Unverständnis
Unterstützung erhielt Klüssendorf von seinem Grünen-Kollegen Bruno Hönel. "Mit dem Wandel der Ernährungsgewohnheiten in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist beispielsweise Pflanzenmilch für viele eine alltägliche Alternative zu Kuhmilch geworden. Zudem ist sie klimafreundlicher", sagte Hönel der "Welt am Sonntag". Die steuerliche Ungleichbehandlung stoße daher zu Recht auf Unverständnis und sei inhaltlich schwer aufrechtzuerhalten. Auch er könne sich eine Änderung im Jahressteuergesetz vorstellen, verwies jedoch auch auf "Haushaltsspielräume".
Der FDP-Abgeordnete Till Mansmann äußerte sich entsprechend zurückhaltend. "Für alles gilt: Wir müssen erstmal die Steuerschätzung abwarten und auf dieser Basis Entscheidungen treffen", sagte er mit Blick auf die neue Schätzung, die im Herbst veröffentlicht wird. Auch Mansmann sieht Reformbedarf. Es könne nun jedoch nicht darum gehen, weiter Flickschusterei zu betreiben. "Man muss die ganze Umsatzsteuer mal auf den Prüfstand stellen."
Milchersatzprodukte immer beliebter
Die Linken-Finanzpolitiker Christian Görke warf SPD und Grünen hingegen ein "falsches Spiel beim Thema Mehrwertsteuer" vor. "Was es jetzt braucht, ist kein Stückwerk der steuerlichen Behandlung von Milchersatzprodukten, sondern richtige Entlastungen", forderte er. Das seien eine Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und die Gleichbehandlung von Milchersatzprodukten, fuhr er fort. Bei den Grundnahrungsmitteln blockiere die Regierung aber bislang eine Streichung.
Der internationale Lobbyverband Good Food Institute Europe begrüßte den Vorstoß hingegen und erklärte, pflanzliche Milch habe 2022 unter anderem deshalb nur einen Anteil von 13 Prozent am deutschen Milchmarkt gehabt, weil sie deutlich teurer sei als Kuhmilch. Das wiederum liege vor allem an der höheren Besteuerung.
Der Trend gehe indes seit längerem in Richtung Pflanzenmilch. Der Organisation zufolge stieg der Umsatz zwischen 2020 und 2022 um insgesamt 43 Prozent.