Verband fordert Breitbandsausbau Landwirte wollen schnelles mobiles Internet auf jedem Acker

Von Dirk Fisser | 11.11.2017, 06:05 Uhr

Schnelles mobiles Internet muss auf jedem Acker in Deutschland verfügbar sein, fordert Bauernverbands-Generalsekretär Bernhard Krüsken. Zudem spricht er sich im Interview für eine Stärkung des Agrarministeriums innerhalb der kommenden Bundesregierung aus.

Herr Krüsken, kommende Woche startet die Agritechnica in Hannover – die größte Landtechnikmesse der Welt nach Veranstalterangaben. Die ausgestellten Maschinen sind nicht nur neu, sondern auch teuer. Wie steht’s denn um die Finanzen der Bauern?

Einige Betriebszweige kommen aus einer wirtschaftlich sehr schlechten Zeit. Bei Milch hat sich die Situation normalisiert, das gilt mit Abstrichen auch für die Schweinehaltung. Aber bei den Sonderkulturen und im Weinbau können wir immer noch nicht genau sagen, wie groß der Schaden aufgrund des Frostes im Frühjahr ausgefallen ist. Bei den Äpfeln haben wir beispielsweise eine dramatisch kleinere Ernte. Die Mengeneinbrüche hier sind so groß, dass man sie nicht allein durch höhere Preise ausgleichen kann.

Stichwort Milch: Die Preise gerade für Butter sind rasant gestiegen nach der Preiskrise der vergangenen Jahre. Geht das so weiter?

Wir gehen nicht davon aus, dass die Butterpreise weiter steigen. Aber ich sage bei aller Aufregung um die Preisanstiege auch: Zwei Euro für ein Päckchen Butter sind ein fairer Preis.

Welche Rolle spielen die vor fast drei Jahren verhängten Sanktionen Russlands im Alltagsgeschäft noch? Der Markt bleibt für Agrarprodukte aus Deutschland weitgehend verschlossen.

Bei Milch und Fleisch haben sich mittlerweile andere Märkte gefunden. Die Warenströme haben sich beispielsweise Richtung China verlagert. Der Prozess war schmerzhaft für die Landwirtschaft. Aber die spürbaren Effekte der Russlandsanktionen sind heute wesentlich weniger deutlich zu spüren.

Laufen die Sanktionen Russlands gegen die europäische Landwirtschaft also ins Leere?

Der wirtschaftliche Schmerz hat nachgelassen. Wir halten es aber dennoch für richtig, dass Bundesregierung und EU den politischen Konflikt mit diplomatischen Mitteln beilegen.

Noch einmal zurück zur Agritechnica: Was ist denn der Techniktrend in der Branche und damit auf der Messe? Geht das Wachstum der Maschinen weiter?

Die Maschinen werden eher schlauer als größer. Ich glaube, der Trend zum Wachstum von Schlepper und Co kehrt sich um. Wir werden in den kommen Jahren sehen, dass nicht nur einzelne Maschinen, sondern der gesamte Bauernhof ein gutes Stück digitaler wird, weil Daten allgegenwärtig anfallen, verarbeitet und bewertet werden. Vor einigen Jahren war es noch die Neuigkeit, dass beispielsweise der Düngerstreuer mit dem Schlepper kommuniziert. Jetzt stehen wir vor dem nächsten Sprung: Die Technik wird über Digitalisierung und Datenintegration mit der Betriebsführung und zum Beispiel mit der Buchhaltungssoftware verknüpft. (Weiterlesen: Agritechnica 2017: Wann findet die Landtechnik-Messe in Hannover statt?)

Fehlt dafür nicht die Infrastruktur in Form von Breitbandanschlüssen auf dem Land?

Eine Umfrage unseres Verbandes hat gezeigt: 70 Prozent der Landwirte sind mit ihrer verfügbaren Bandbreite auf dem Hof und dem Acker absolut unzufrieden. Wir brauchen einen flächendeckenden Glasfaserausbau – bis auf die Höfe. Wir brauchen aber auch in der Fläche schnelles mobiles Internet. Auf jedem Acker muss 5G verfügbar sein. Immer mehr Anwendungen brauchen eine große verfügbare Bandbreite, um zu funktionieren. Das Thema Breitband hat aber für den gesamten ländlichen Raum noch eine andere Facette…

Nämlich?

Es geht beim schnellen Internet nicht nur um wirtschaftliche Entwicklung, sondern auch um gesellschaftlichen Anschluss: Digitalisierung hält den ländlichen Raum am Laufen. Es geht um Lernen, Ausbildung, Arbeiten, Medizinische Versorgung, Information und vieles Andere. In Skandinavien oder im Baltikum ist Breitbandverfügbarkeit auf dem Land und Digitalisierung selbstverständlich, obwohl die Bevölkerungsdichte dort viel geringer ist. Diese Länder zeigen doch, dass es möglich ist, wenn der politische Wille da ist. Die neue Bundesregierung muss hier mehr machen, als bisher geschehen ist. Ansonsten droht, dass ganze Landstriche weiter veröden. Der Eindruck bei der Landbevölkerung sollte sich nicht verfestigen, dass sie alleingelassen werde. Das wäre fatal für das politische Klima im Land.

Die Sondierungen in Berlin laufen. Was sind denn die zentralen Erwartungen der Landwirtschaft an die neue Bundesregierung?

Es muss der Wille erkennbar sein, dass Landwirtschaft in Deutschland stattfinden kann und auch eine wirtschaftliche Perspektive hat. Die kontroversen Themen wie etwa Tierhaltung oder Pflanzenschutz sollten wissensbasiert abgehandelt werden.

Umwelt- und Agrarministerium sind in der vergangenen Legislatur immer wieder aneinander geraten. Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, die Ressorts zusammenzulegen?

Synergien sehe ich da nicht, aber viel aufgebautes Konfliktpotenzial. Wenn sich die Umweltpolitik als Gegenpart zur Landwirtschaft geriert, ist das nicht hilfreich. Wir brauchen ein starkes Ministerium, das sich neben Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz um die ländlichen Räume kümmert. Diese Themen müssen in einem Ressort gebündelt werden. Das war bisher anders und deswegen ist Vieles liegengeblieben.

Agrar-Amtsinhaber Schmidt hat das in der Vergangenheit öfters vorgeschlagen. Nun ist aber nicht ausgemacht, wer bei einer Jamaika-Regierung das Agrarministerium führt. Was wäre eigentlich, wenn es an die Grünen geht? Gehen die Bauern dann auf die Barrikaden?

Erst mal abwarten, was in Berlin geschieht! Es sollte bei der Regierungsbildung nicht um politische Farben oder Symbolik, sondern um Inhalte gehen.

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