Neujahrsansprache der Kanzlerin Noch nie wirkte Merkel so angeschlagen wie heute

Meinung – Dr. Berthold Hamelmann | 31.12.2015, 01:10 Uhr

In ihrer Neujahrsansprache hat die Bundeskanzlerin die Bürger auf weitere Herausforderungen durch die hohe Zahl der Flüchtlinge eingeschworen. Noch nie in ihrer zehnjährigen Amtszeit wirkte Angela Merkel so angeschlagen wie heute.

Selten endete ein Jahr derart widersprüchlich wie 2015.

Den Deutschen geht es dank eines bemerkenswert stabilen Arbeitsmarktes auch im europäischen Vergleich gut. Das Land blieb von großen Terroranschlägen, die die Welt in Angst und Schrecken versetzten, verschont. War dies nur Zufall oder außerordentliche Leistung der Sicherheitsbehörden? Das Vertrauen der Deutschen in die Zukunft jedenfalls hält sich in überschaubaren Grenzen angesichts der schwer kalkulierbaren innen- und außenpolitischen Gemengelage.

Überzeugende Antworten gibt es nicht

Überzeugende Antworten auf die alles überlagernde Flüchtlingsfrage und die Euro-Spannungen gibt es nicht. Angesichts der Komplexität der Themenfelder darf dies auch niemand erwarten.

Aber Richtungsweisendes ist eher Mangelware, Stückwerk die Regel. Die genannte Summe von 17 Milliarden Euro etwa, die die Bundesländer 2016 für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen in ihren Haushalten bereitstellen, schürt Sorge und Neid.

Demagogen jeder politischen Couleur haben es leicht, mit Lagerdenken auf Ausgrenzungskurs zu gehen. So wird der Boden für das Anwachsen von rechtsextremer Gewalt bereitet.

Erinnert eher an Durchhalteparolen

Noch nie in ihrer zehnjährigen Amtszeit wirkte Angela Merkel so angeschlagen wie heute. Ihre menschliche Geste, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen, mag irgendwann in den Geschichtsbüchern als historische Tat gefeiert werden, die das Bild der Deutschen weltweit positiv beeinflusste. Doch seitdem befindet sich die Bundeskanzlerin in der für sie neuen Rolle der Getriebenen mit stark sinkenden Umfragewerten.

Daran ändert auch ihre Neujahrsansprache nichts. Das Lob für die vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer überdeckt dabei vieles nur mühsam, das eher an Durchhalteparolen erinnert. Aber wir schaffen das.

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