Migration und Zuwanderung So viele geflüchtete Menschen in Deutschland wie seit Jahrzehnten nicht

Von Marion Trimborn | 08.09.2023, 01:00 Uhr 4 Leserkommentare

Der Ukraine-Krieg und die wachsende Migration haben die Zahl der geflüchteten Menschen in Deutschland auf einen Höchststand steigen lassen. Nur acht Prozent von ihnen sind ausreisepflichtig – auch dank einer Gesetzesänderung. Die Linke fordert Bleiberecht statt Abschiebung.

In Deutschland leben so viele aus anderen Ländern geflüchtete Menschen wie seit Jahrzehnten nicht. Insgesamt 3,26 Millionen Menschen waren Ende Juni im Ausländerzentralregister als Flüchtlinge registriert. Das sind 111.000 mehr Menschen als noch ein halbes Jahr zuvor.

Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Dabei handelt es sich um Flüchtlinge, Kriegsflüchtlinge, Asylsuchende oder Geduldete. Viele von ihnen leben schon seit Jahren oder Jahrzehnten in Deutschland. Nach Angaben der Linken ist das die höchste Zahl seit den 1950er Jahren.

Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine stieg dabei nur noch leicht um etwa 29.000 Menschen auf über 1 Million Menschen. Es kamen zwar zahlenmäßig mehr, allerdings kehrten auch viele wieder zurück. Hinzu kamen Asylsuchende und wenige Aufnahmen aus humanitären Gründen, etwa aus Afghanistan (knapp 4000).

Viele Menschen haben eine Duldung

Das Register listet mehr als 279.098 Menschen als ausreisepflichtig auf. Erstmals seit zehn Jahren ist somit die Zahl der Ausreisepflichtigen wieder gesunken (um acht Prozent), auch infolge des neuen Chancen-Aufenthaltsrechts der Ampel-Koalition. 

Etwa vier Fünftel der Ausreisepflichtigen haben eine Duldung, weil die Betroffenen nicht abgeschoben werden können, etwa wegen der Lage im Herkunftsland, aus rechtlichen oder humanitären Gründen. Bei vielen Geduldeten ist keine Abschiebung geplant, etwa wenn eine Ausbildung oder Beschäftigung aufgenommen wurde. Bei etwa einem Viertel fehlen die Reisedokumente, aber nur weniger als zehn Prozent der Geduldeten (knapp 21.000 Menschen) wird seitens der Ausländerbehörden unterstellt, dass sie ihre Abschiebung verhindern (Duldungen „light“).

Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger sagte unserer Redaktion: „Bleiberecht statt Abschiebung ist der politisch richtige Weg.“ Die Zahlen zu den Ausreisepflichtigen zeigten, dass die allermeisten geduldet würden. „Hier immer weitere Gesetzesverschärfungen vorzuschlagen, ist unverantwortlich und stärkt am Ende nur die AfD“, kritisierte Bünger.

Linke fordert andere Politik

Schon jetzt führten die ständigen Rufe nach einer Abschiebungs-Offensive in der Praxis zu unerträglichen Härten, etwa wenn kranke oder langjährig hier lebende Menschen abgeschoben oder Familien auseinandergerissen würden.

Nach Ansicht der Linken-Abgeordneten hat die Ampel-Koalition „aus menschenrechtlicher Perspektive bereits viel zu viele rote Linien überschritten”. Bünger forderte: „Statt das individuelle Asylrecht, und damit eine menschenrechtliche Grundlage unserer Gesellschaft, immer weiter abzubauen, brauchen wir eine Politik, bei der niemand gegen den anderen ausgespielt wird.“ 

4 Kommentare
Andreas Wotte
MÜCKE STATT ELEFANT 3.260.000 Flüchtlinge. Das sind gerade mal 3,9% der Bevölkerung von 84,356 Millionen Deutscher. Zieht man davon noch die 1 Millionen Ukrainer wieder ab, stehen die übrigen 2,26 Millionen außereuropäischen Flüchtlinge nur noch mit 2,7% der Bundesbürgerinnen und -bürger gegenüber. Angesichts dieser harten Fakten erscheint das ganze Geschrei nach „Grenzen dicht“ und „Festung Eu...