Fragen und Antworten Identitäre Bewegung als rechtsextrem eingestuft: Was bedeutet das?

Von Vincent Buß | 11.07.2019, 19:22 Uhr

Als eindeutig rechtsextrem hat der Verfassungsschutz am Donnerstag, 11. Juli, die „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IBD) eingestuft. Damit eröffnen sich der Behörde neue Möglichkeiten im Umgang mit der jungen Organisation.

Als eindeutig rechtsextrem hat der Verfassungsschutz am Donnerstag die „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IBD) eingestuft. Damit eröffnen sich der Behörde neue Möglichkeiten im Umgang mit der jungen Organisation.

Was ändert sich durch die Entscheidung?

Weil der Verfassungsschutz die IBD als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" auflistet, kann er sie nun intensiver beobachten, zum Beispiel durch V-Leute. Der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, begründete die Entscheidung:

„"Als Frühwarnsystem dürfen wir unser Augenmerk nicht nur auf gewaltorientierte Extremisten legen, sondern müssen auch diejenigen im Blick haben, die verbal zündeln."“

Die Positionen der IBD seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Wie hat der Verfassungsschutz die IBD zuvor bewertet?

Entdeckt hat der Verfassungsschutz die Bewegung erstmals im Oktober 2012 als "rein virtuelles Phänomen" im Internet. Vor drei Jahren stufte er die IBD dann als Verdachtsfall ein, laut der Behörde vor allem wegen des rechtsextremistischen Hintergrunds. Die folgende Beobachtung der Bewegung habe ergeben, dass das Verdachtsstadium überschritten sei, teilte das Bundesamt am Donnerstag in Berlin mit.

Was ist der Hintergrund der Bewegung?

Auch wenn die Identitären Nationalismus propagieren, verstehen sie sich als Teil einer europaweiten patriotischen Jugendbewegung. Vorbild ist die 2003 in Frankreich gegründete Gruppe "Bloc Identitaire". Mittlerweile ist die deutsche Bewegung mit regionalen Untergruppen bundesweit aktiv. Laut Verfassungsschutz hat sie mittlerweile mehr als 600 Anhänger. Im Jahr 2017 waren es noch 100 weniger.

Wofür steht die Organisation?

Die IBD wirbt für "Ethnopluralismus": Menschen verschiedener Ethnien sollten demnach nicht in einer Gesellschaft zusammenleben. Multikulturalismus hingegen vernichte Kulturen. Dementsprechend fordert die Bewegung, Flüchtlinge in ihre Herkunftsländer abzuschieben. Oft wird vom "Großen Austausch" gesprochen. Dieser Verschwörungstheorie zufolge plant die Bundesregierung, die einheimische Bevölkerung vor allem durch muslimische Migranten zu ersetzen. Die IBD fordert außerdem eine identitäre Demokratie statt der bestehenden repräsentativen.

Was unterscheidet sie von anderen rechten Gruppierungen?

Anhänger der IBD geben sich bürgerlich, hip und intellektuell. Antisemitismus und der Hitler-Gruß werden gemieden. Die Bewegung nutzt soziale Netzwerke, um ihre Ideologie und Falschmeldungen zu verbreiten. Außerdem haben sie beispielsweise mit Flashmobs auf sich aufmerksam gemacht. Die Identitären gelten zwar als weniger gewalttätig als andere Gruppen. Der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, bezeichnet sie als "geistige Brandstifter", die "verbal zündeln." Allerdings attackierten Anhänger im Januar bundesweit Redaktionsgebäude und Parteibüros. Eine Mitarbeitern der "taz" wurde körperlich angegriffen.

Wie wurde die Entscheidung aufgenommen?

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster begrüßte die Entscheidung. „Es ist eine ernste Warnung an alle Gruppierungen, die überlegen, einen Schritt weiter gehen zu wollen, also Gewalt auszuüben.“ Überlebende des Holocausts bezeichneten die Entscheidung als überfällig. Der FDP-Innenexperte Benjamin Strasser twitterte:

Weitere Stimmen:

Mit dpa, epd, AFP, KNA

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