Bereits Wasserentnahmeverbote Gesundheit, Landwirtschaft, Energie: So wirkt sich die Hitze aus

Von Vincent Buß | 23.07.2019, 18:59 Uhr

Die Hitze könnte historisch werden: Temperaturrekorde werden vermutlich gebrochen. Landwirte und Feuerwehr warnen unterdessen vor den Folgen der Hitze. Deren Ursache ist für den Meteorologen und Moderator Sven Plöger klar.

„Die Hitzewellen sind nicht mehr normal“, sagt der Meteorologe und Moderator Sven Plöger. Ungewöhnlich sei das gehäufte Auftreten. Seine Schlussfolgerung: „Wir haben einen Klimawandel und erleben das jetzt.“ Natürlich ändere sich das Wetter von Zeit zu Zeit; der Trend sei jedoch eindeutig. Hitzewellen und Dürren könnten sich seiner Einschätzung nach in Zukunft noch verstärken.

„Der Osten Deutschlands und damit Mecklenburg-Vorpommern, ist eh schon die trockenste Region Deutschlands – und sie wird noch trockener.“ Hingegen sei in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sei vor allem der durch den Klimawandel steigende Meeresspiegel eine Gefahr. „Dieser Anstieg könnte sich noch deutlich beschleunigen.“

Das sind die bisherigen Rekorde

Temperaturen von bis zu 38 Grad Celsius werden am Mittwoch, 24. Juli, im Raum Osnabrück erwartet. An der niedersächsischen Küste und auf den Inseln immerhin 30 Grad. Der bisherige Temperaturrekord in Niedersachsen – 38,6 Grad, gemessen am 9. August 1992 in der Lüneburger Heide – wird vermutlich am Donnerstag geknackt.

Der gesamtdeutsche Hitzerekord von 40,3 Grad wird dann vermutlich ebenfalls gebrochen. Im vergangenen Jahrhundert wurde nur im Jahr 1983 die 40-Grad-Marke erreicht, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilt. In diesem Jahrhundert scheint das nun bereits zum dritten Mal zu passieren – nach 2003 und 2015.

Besonders gefährdet von der Hitze sind laut dem niedersächsischen Gesundheitsministerium alte Menschen und Kinder. „Sie bemerken einen Hitzestau oder Flüssigkeitsmangel häufig nicht rechtzeitig", sagte Staatssekretär Heiger Scholz am Dienstag. Als Folge drohten Hitzeschlag oder Sonnenstich.

Stress auch für Tiere und Pflanzen

Doch nicht nur Menschen sind betroffen. Der Generalsekretär des Bauernverbands, Bernhard Krüsken, erklärt:

„"Die extreme Hitze bringt enormen Stress auch für Tiere und Pflanzen."“

Krüsken befürchtet eine unterdurchschnittliche Getreideernte. Auch um die Futtermittel macht er sich Sorgen.

Denn eine schlechte Ernte hat Konsequenzen: Sind die Futterbestände knapp, müssen Kühe früher geschlachtet werden. Dass es soweit kommt, kann Krüsken nicht ausschließen. Staatliche Dürrehilfen lehnt er jedoch ab. "Wir wollen diese nicht zur Norm werden lassen." Der Bauernverband setze stattdessen auf steuerliche Risikorücklagen und eine reduzierte Versicherungssteuer.

Zugeständnisse hat das niedersächsische Landwirtschaftsministerium bereits gemacht: Bauern dürfen nun auf Antrag auch sogenannte ökologische Vorrangflächen mähen und die Pflanzen an die Tiere verfüttern. So soll der drohenden Futterknappheit vorgebeugt werden. Das Ministerium appelliert zudem an Nutz- und Haustierhalter, für Schatten, Kühlung und ausreichend Wasser zu sorgen.

Waldbrandgefahr und sich leerende Löschteiche

Vor mehr Bränden auf Feldern und in Wäldern warnt der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Knorr. "Die Brandgefahr steigt massiv." Gleichzeitig könnte die Feuerbekämpfung schwieriger werden. Denn es ist laut Knorr möglich, dass Löschteiche- und Löschwasserbrunnen bereits leerer geworden sind.

Zwar könnten auch kilometerweit entfernte Wasservorkommen angezapft werden, das sei aber sehr aufwendig. Knorr sagt:

„"Es wäre gut, wenn am Wochenende ergiebiger Regen fiele. Denn jeden Tag nehmen die Probleme zu."“

Wasserentnahme verboten

Im Landkreis Osnabrück ist es wegen der Trockenheit seit Dienstag, 23. Juli, nicht mehr erlaubt, Wasser aus kleineren Gewässern wie der Nette zu entnehmen. Das Verbot gilt noch bis einschließlich zum 31. August. Verstöße könnten mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro bestraft werden, wie der Landkreis mitteilt. Im Emsland gilt derzeit kein Verbot; dort vertraut man auf das Verantwortungsgefühl jener, die die Erlaubnis zur Wasserentnahme haben.

Besondere Vorkehrungen für Atomkraftwerke

Nicht nur Deutschland ist von der Hitzewelle betroffen. In Paris gelten nach Polizeiangaben seit gestern Fahrverbote wegen der hohen Ozonbelastung. Außerdem soll ein Kraftwerk im Süden des Landes in dieser Woche in den Sparmodus gesetzt werden. Denn das in die Flüsse zurückgeleitete Kühlwasser wird zu warm. Deutsche Atomkraftwerke mussten solche Maßnahmen in diesem Jahr noch nicht ergreifen. So besitzt zum Beispiel das Kernkraft Emsland ein zusätzliches Wasserspeicherbecken.

Mit dpa, epd, AFP, df

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