Vom Heizungsgesetz sind Millionen Deutsche betroffen – es hat bereits für enorme Verunsicherung gesorgt. Was nun beschlossen wurde und wie Wirtschaftsminister Robert Habeck reagiert.
Der Weg zum Heizungsgesetz war steinig: schwere Vorwürfe innerhalb der Ampel, zahlreiche Nachbesserungen unter den Augen der Öffentlichkeit und sogar ein zwischenzeitlicher Stopp durch das Bundesverfassungsgericht. Am Freitagnachmittag hat der Bundestag das umstrittene Gebäudeenergiegesetz beschlossen.
Es zielt darauf ab, durch einen schrittweisen Austausch von Öl- und Gasheizungen das Heizen in Deutschland klimafreundlich zu machen. Für das Gesetz stimmten am Freitag 399 Abgeordnete, mit Nein 275. Fünf Abgeordnete enthielten sich. Ende September muss das Gebäudeenergiegesetz – oft als Heizungsgesetz bezeichnet – noch den Bundesrat passieren.
Heizungsgesetz: Was gilt für Neubau und Bestandsgebäude?
Das neue Gebäudeenergiegesetz sieht im Kern vor, dass künftig jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Das Gesetz soll Anfang 2024 in Kraft treten – aber unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Für Bestandsbauten soll eine kommunale Wärmeplanung der Dreh- und Angelpunkt sein, die schrittweise kommen soll.
Auf der Grundlage einer Wärmeplanung sollen Hausbesitzer entscheiden können, was sie machen – ob sie sich etwa an ein Wärmenetz anschließen lassen oder eine Wärmepumpe oder eine andere klimafreundlichere Heizung einbauen. Die kommunale Wärmeplanung soll in Kommunen über 100.000 Einwohnern ab Mitte 2026 und für die restlichen Kommunen ab Mitte 2028 vorliegen. Das Gesetz dafür ist allerdings noch nicht beschlossen.
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Lautstarke Debatte im Bundestag über Heizungsgesetz
Vor dem Beschluss gab es im Bundestag eine kontroverse und lautstarke Debatte. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte das Gesetz gegen scharfe Kritik der Opposition.
Er sagte: „Ich finde es berechtigt, mit konkreten und auch besorgten Nachfragen auf dieses Gesetz einzugehen. Was man allerdings nicht durchgehen lassen sollte, ist, den Menschen Sand ins Auge zu streuen – zu sagen, wir machen Ziele, aber wir tun nichts dafür, dass diese Ziele erreicht werden.“
Nach der erfolgreichen Abstimmung zeigt sich Habeck zufrieden. „Natürlich wird es Menschen geben, die nach wie vor damit hadern, dagegen reden oder sich Sorgen machen“, sagte er am Freitag am Rande der Bundestagssitzung. Die Verbände von den Verbraucherschutzverbänden bis zu den kommunalen Verbänden sagten aber alle, sie könnten damit sehr gut arbeiten. „Politisch ist jetzt für die Koalition eine Einheit geschaffen worden.“ Von jetzt an könne Ruhe in die Debatte einkehren, sagte der Grünen-Politiker.
„Persönlich war das natürlich insgesamt herausfordernd“, ergänzte er. Es habe aber in den vergangenen zwei Jahren viele Herausforderungen gegeben. Der Vize-Kanzler nannte etwa die Themen LNG, Wind- und Stromnetzausbau und „das Bekämpfen der Wirtschaftskrise“. „Aber ich bin im Amt, um auch die Herausforderungen zu bestehen und insofern gehe ich zufrieden aus dieser Debatte heraus.“
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Verbraucher sollen vor hohen Energiepreise geschützt werden
Die unionsgeführte Bundesregierung habe beschlossen, dass Deutschland 2045 klimaneutral sein solle. Es seien aber keine konkrete Maßnahmen vorgeschlagen worden, sagte Habeck. Nun werde es konkret, Millionen von Menschen seien betroffen. Er nehme Sorgen sehr ernst. Das Gesetz schaffe Rechtssicherheit, schütze die Verbraucherinnen und Verbraucher vor hohen Energiepreisen und sorge für eine soziale Ausbalancierung.
Streit in der Ampelkoalition
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge räumte Fehler ein. Sie sagte, die Koalition habe hart miteinander gerungen, zu oft auch öffentlich – und bei den Bürgern Verunsicherung erzeugt, die nicht nötig gewesen wäre. Am Ende stehe aber eine gemeinsame Lösung mit einem konkreten Fahrplan dafür, wie klimafreundliches Heizen überall gelingen werde.
Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner schrieb auf der Plattform X (früher Twitter): „Es ist nun kein Gesetz mehr, vor dem Menschen Angst haben müssten, weil der Staat in ihren Heizungskeller steigt.“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf X unter Verweis auf das Ziel der Klimaneutralität: „Ein weiterer guter Schritt.“
Änderungen beim Heizungsgesetz
Über das Gesetz hatte es lange Konflikte gegeben. Auf Druck vor allem der FDP hatte es grundlegende Änderungen des ursprünglichen Entwurfs gegeben. Die FDP betont vor allem „Technologieoffenheit“ – nach dem Motto: „Die Heizung muss zum Haus passen und nicht umgekehrt.“
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erhob schwere Vorwürfe gegen die Koalition. Die vorgesehene künftige staatliche Förderung sei unzureichend.
Er kritisierte außerdem, dass über grundlegende Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs nicht genügend beraten wurde.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr entgegnete, die Opposition habe wochenlang Zeit gehabt, um Änderungsanträge zu erstellen. Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) dagegen nannte das Gesetz „Irrsinn“ und ein „Konjunkturprogramm für Populisten“.
Die Koalition wolle die „Lufthoheit über die Heizungskeller“. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sprach von einem kommunikativen Desaster. Der AfD-Abgeordnete Marc Bernhard sagte, der „Heizungshammer“ sei nicht entschärft.
Heizungsgesetz von Verfassungsgericht gestoppt
Das Heizungsgesetz sollte eigentlich Anfang Juli und damit vor Beginn der Sommerpause beschlossen werden. Zuvor hatte es in der Ampel-Koalition lange Konflikte gegeben. Die Koalition verständigte sich dann auf grundlegende Änderungen.
Das Bundesverfassungsgericht aber stoppte eine Verabschiedung vor der Sommerpause. Das Gericht hatte Zweifel daran angemeldet, dass die Rechte der Abgeordneten ausreichend gewahrt blieben. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hatte wegen des engen Zeitplans im Gesetzgebungsverfahren einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt.
Heilmann kritisierte am Freitag im Bundestag, dass es keine erneute Sitzung des zuständigen Bundestagsausschusses gegeben habe. Er hatte mit Blick auf eine weiter anhängige Klage bereits gesagt, er halte die letzte Lesung im Bundestag allein nicht ausreichend. Sollte die Regierung nicht nachsteuern, würde sie ein formell verfassungswidriges Gesetz beschließen – es bleiben also Risiken für das Gebäudeenergiegesetz. Eine Zustimmung im Bundesrat gilt aber als sicher.
Die Opposition im Bundestag war am Dienstag mit einem Antrag gescheitert, eine Entscheidung zum Heizungsgesetz zu verzögern. Sie wollte eine erneute Beratung im zuständigen Bundestagsausschuss sowie eine erneute Expertenanhörung.
Erreichung von deutschen Klimazielen
Die Koalition begründet die Reform im Gesetzentwurf damit, dass Deutschland ohne ein schnelles Umsteuern bei der Gebäudewärme weder die Klimaziele erreichen noch die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen rasch reduzieren könne. Mehr als 80 Prozent der Wärmenachfrage werde aktuell noch durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern gedeckt, dabei dominiere Erdgas.
Zudem dürfte eine auf erneuerbaren Energien basierende Wärmeversorgung mittel- bis langfristig eine sehr viel kalkulierbarere, kostengünstigere und stabilere Wärmeversorgung gewährleisten: „Insbesondere der Nutzung der überall kostenlos verfügbaren erneuerbaren Umweltwärme mittels Wärmepumpen und Solarthermie wird dabei eine entscheidende Rolle zukommen.“
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Heizungsgesetz: Vertrauen der Bürger mit dem Hintern eingerissen
Die Gründe für den Murks liegen auf der Hand. Anstatt erstmal die Sanierung alter Häuser anzupacken und stärker zu fördern sowie auf steigende Gaspreise und die Vernunft der Bürger zu setzen, wollten der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck und sein inzwischen geschasster Staatssekretär Patrick Graichen der Republik ein Wärmepumpen-Wunder aufzwingen.
Bürger fühlen sich überfordert, enteignet und in die Irre geführt
Die FDP wiederum sang das Hohelied der Technologieoffenheit, als würden Flüssiggas, Wasserstoff und synthetische Phantasie-Heizstoffe nennenswert zur Wärmewende beitragen. Und dann kamen die Stadtwerke und Bauministerin Klara Geywitz von der SPD um die Ecke und stellten Wärmenetze für fast alle in Aussicht.
Folglich fühlen sich die Bürger überfordert, enteignet, in die Irre geführt und vieles mehr, nur nicht mitgenommen.
Ein SPD-Mann bilanzierte das alles kürzlich so: Was Fridays for Future in fünf Jahren an Klimabewusstsein und Änderungsbereitschaft aufgebaut hätten, hätten Habeck und seine Leute mit dem Hintern wieder eingerissen. Es wird verdammt mühsam für den Grünen und die ganze Ampel, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen.