In der Causa Aiwanger um ein antisemitisches Flugblatt kamen zuletzt mehrere Vorwürfe von ehemaligen Schülern auf. Nun aber äußert sich der Mann, der damals die Schülerarbeit schrieb, in dem das Flugblatt enthalten war – und entlastet Aiwanger.
In der Affäre um Hubert Aiwanger und ein altes antisemitisches Flugblatt kommen fortlaufend neue Vorwürfe auf. Zuletzt hatte die „Süddeutsche Zeitung“ eine nicht namentlich genannte frühere Mitschülerin Aiwangers zitiert mit der Behauptung, dieser habe oft Adolf Hitlers „Mein Kampf“ in der Schultasche mit sich geführt. Aiwanger hat dies auf der Plattform X als „Unsinn“ abgetan. Auch ein anderer Schüler hat gegenüber dem ARD-Magazin „Report München“ gesagt, dass Aiwanger „oft diese Hitler-Ansprachen nachgemacht“ und ab und zu „einen Hitlergruß gezeigt“ habe. Der Chef der Freien Wähler sagte dazu, dass ihm solche Taten „nicht im Entferntesten erinnerlich“ seien.
Lehrer soll aktiv nach Zeugen gesucht haben
Eine Recherche des „Focus“ zeigt nun eine andere Sichtweise von Aiwangers Schulalltag – und richtet den Blick vor allem auf einen früheren Deutschlehrer. Dieser hatte mit seiner Behauptung gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, dass Aiwanger der Verfasser des antisemitischen Flugblatts sei, den Stein mit ins Rollen gebracht.
Der „Focus“ zitiert nun Roman Serlitzky, den Autor der Schülerarbeit aus dem Jahrgang 1988/89, in der das Flugblatt mit abgedruckt war. Demnach sei Serlitzky von dessen früherem Lehrer vor mehreren Wochen aufgesucht worden. Dieser soll ihn um eine schriftliche Bestätigung gebeten haben, dass Aiwanger Verfasser dieses Flugblatts sei, mit den Worten: „Es wird Zeit, dass wir diese braune Socke jetzt stürzen.“
Serlitzky sei dieser Aufforderung nicht gefolgt, weil er bis vor kurzem nicht gewusst habe, wer der Urheber des Flugblattes war. Nach „Focus“-Informationen steht der Lehrer politisch der SPD nahe; er habe mit mehreren SPD-Ortsverbänden zusammengearbeitet und auf Parteiveranstaltungen Vorträge gehalten.
War es also ein gezielter Versuch des Lehrers, Aiwanger als Vize-Regierungschef Bayerns zu schaden? Weitere Aussagen des ehemaligen Schülers lassen dies vermuten. So erinnere sich Serlitzky daran, dass sein Deutschlehrer Passagen in seiner Schülerarbeit über KZ-Häftlinge „schärfer formuliert hat, als ich das selbst geschrieben habe“. Darüber hinaus soll der Lehrer auch bei einem Treffen von ehemaligen Abiturienten im Frühjahr nach möglichen Zeugen bezüglich der Causa Aiwanger gesucht haben.
Serlitzky, der nach eigener Aussage oft zusammen mit dem heutigen Chef der Freien Wähler den Schulweg bestritten hatte, nimmt den Politiker derweil in Schutz: Er habe damals weder etwas über das Flugblatt gehört, noch sei ihm zu Ohren gekommen, dass Aiwanger in irgendeiner Weise rechtsradikal aufgefallen sei.
25 Fragen sollen Aufschluss bringen
Aiwanger hatte am Samstag schriftlich zurückgewiesen, das antisemitische Flugblatt zu Schulzeiten geschrieben zu haben. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben. Nach einem Sonder-Koalitionsausschuss am Dienstag in Bayern willigte Aiwanger ein, einen Katalog aus 25 Fragen zu beantworten, um den Fall aufzuklären.
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