Nach den schwersten Regenfällen seit 40 Jahren sind in Libyen laut einem Ministeriumssprecher rund 5200 Menschen ums Leben gekommen – vermutet wird jedoch eine deutlich höhere Dunkelziffer. Mehrere Tausend Menschen werden noch vermisst.
Bei dem verheerenden Unwetter in Libyen sind nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums einer der beiden Regierungen in dem Bürgerkriegsland rund 5200 Menschen gestorben. Dies sagte der Sprecher der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Unabhängig ließen sich die Zahlen zunächst nicht bestätigen.
Videos und Fotos in sozialen Medien zeigten ein katastrophales Ausmaß der Zerstörung der Küstenstadt in Folge der Regenfälle: zerstörte Häuser und Autos in von Schlammmassen überschwemmten Straßen.
Tausende Tote befürchtet
Politiker einer der beiden konkurrierenden Regierungen im Land fürchteten mehrere Tausend Tote, nachdem Sturm „Daniel“ Libyen am Sonntag erfasst hatte. Othman Abdel Dschalil, Gesundheitsminister im Osten, sagte dem Fernsehsender Al-Massar, es sei nach wie vor schwer, die genaue Zahl der Toten und Vermissten zu bestimmen. Am Dienstag sprach das Rote Kreuz jedoch sogar von etwa 10.000 vermissten Menschen.
„Die Leichen lagen in vielen Gebieten der Stadt Darna, die als Resultat der Aushöhlung vieler Straßen und Gebäudeeinstürze für mehrere Stunden lang isoliert war“, sagte Abdel Dschalil.
Schwerste Regenfälle seit mehr als 40 Jahren
Die Regierung im Westen in der Hauptstadt Tripolis unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba sprach von den schwersten Regenfällen seit mehr als 40 Jahren. Am Montag wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.

In Darna war die Lage nach Angaben des Gemeinderats „außer Kontrolle“. Dort sollen zwei Staudämme gebrochen sein. Rettungsmaßnahmen gestalteten sich nach Angaben des Notfalldiensts schwierig. Man sei auf die Unterstützung von Hubschraubern angewiesen. Strom und Internetverbindungen seien unterbrochen. Die betroffenen Regionen wurden zu „Katastrophengebieten“ erklärt.
In Libyen wurde Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 gewaltsam gestürzt. Die staatliche Ordnung ist weitgehend zerfallen, zahlreiche Konfliktparteien ringen um Einfluss.
Derzeit kämpfen zwei verfeindete Regierungen – eine mit Sitz im Osten, die andere mit Sitz im Westen – um die Macht. Alle diplomatischen Bemühungen, den bis heute andauernden Bürgerkrieg friedlich beizulegen, scheiterten bislang. Der Konflikt wird durch ausländische Staaten zusätzlich befeuert.
EU bietet Hilfen an
Die EU hat dem Land ihre Hilfe angeboten. „Wir sind bereit, unsere Partner vor Ort umgehend zu unterstützen“, teilte der für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic am Dienstag auf der Online-Plattform X (früher Twitter) mit. Ähnlich äußerte sich auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte seine Bestürzung. „Unsere Gedanken sind bei allen Betroffenen und ihren Familien“, schrieb Scholz am Dienstag im Internetdienst X (früher Twitter). Zu möglichen Hilfsleistungen stehe die Bundesregierung mit den Vereinten Nationen sowie Partnerstaaten in Kontakt.
„Die Nachrichten über die schweren Überschwemmungen in Libyen sind bestürzend“, schrieb Scholz weiter. Er wies darauf hin, dass im Osten des Landes „mit vielen Toten und Verletzten gerechnet“ werde. Ihr Mitgefühl mit den Opfern der „katastrophalen Überschwemmungen“ äußerte auf X auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).