Knapp 100 Schüler haben in Starnberg (Bayern) versucht, einen 15-Jährigen aus dem Polizeigewahrsam zu befreien. Dieser hatte auf einem Schulfest randaliert. Nun werden Fotos und Videos ausgewertet.
Eine Feier gepaart mit offenbar viel Alkohol und Drogen ergaben vergangene Woche im bayrischen Ort Starnberg in der Nähe von München eine explosive Mischung. Zunächst hatte das dortige Gymnasium ein friedliches Sommerfest veranstaltet. Doch ein Jugendlicher, der auch auf das Fest wollte, rastete im Laufe des Abends aus – und randalierte. Am Donnerstagabend musste der Sicherheitsdienst der Schulfeier die örtliche Polizei verständigen.
Nach Angaben der Ordnungshüter zeigte sich der 15-Jährige dann noch immer uneinsichtig und aggressiv. Trotz mehrfacher Aufforderungen und ausgesprochener Platzverweise verließ der Jugendliche die Örtlichkeit nicht. Er zeigte sich nach Auskunft des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord "völlig uneinsichtig, blieb aggressiv, pöbelte, provozierte und beleidigte die Beamten". Daraufhin nahmen diese ihn in Gewahrsam und brachten ihn zu ihrer Dienststelle – der Weg war auch nicht weit, die Wache liegt auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Gymnasiums.
Kaum hatte sie den jungen Mann zur Wache gebracht, versuchte ein Mob aus Jugendlichen gewaltsam in die Polizeistelle einzudringen. Wie viele es genau waren, ist unklar – mehreren Meldungen zufolge sollen es bis zu 100 Schüler gewesen sein, die Polizei selbst spricht von 50. Aus der Gruppe seien dann Flaschen und Steine auf die Wache geworfen worden. Einzelne versuchten sogar, die Eingangstür der Polizei aufzubrechen und das Polizeischild am Eingang herunterzureißen.
"Vorkommnisse sind absolut indiskutabel"
Erst mit Hilfe eines großen Kräfteaufgebots von benachbarten Polizeistellen sei es gelungen, die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Insgesamt 70 Polizisten waren im Einsatz.
"Von einer Vielzahl von Personen wurden die Personalien festgestellt. Drei Personen wurden vorläufig festgenommen", heißt es von der Polizei. Ihnen wird Gefangenenbefreiung und Sachbeschädigung vorgeworfen. Zudem werde derzeit geprüft, inwieweit der Tatbestand des Landfriedensbruches verwirklicht wurde. Bei dem 15 Jahre alten Randalierer schlug ein Alkohol- und Drogenschnelltest an.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (62, CSU) sagte der "Bild"-Zeitung: "Die Vorkommnisse in Starnberg sind absolut indiskutabel. Party und Alkohol sind keine Entschuldigungen für derartige Ausschreitungen! Das sind keine Kavaliersdelikte. Das Verhalten der Jugendlichen muss dementsprechend streng geahndet werden. In Bayern gilt Recht und Ordnung."
Hintergrund
(1) Wer einen Gefangenen befreit, ihn zum Entweichen verleitet oder dabei fördert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ist der Täter als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter gehalten, das Entweichen des Gefangenen zu verhindern, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.(3) Der Versuch ist strafbar.(4) Einem Gefangenen im Sinne der Absätze 1 und 2 steht gleich, wer sonst auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.
Zwischenzeitlich hatte sich ein Verbund aus Schülern bei der Polizei in einer E-Mail entschuldigt. Unter anderem heißt es von den Schülern: "Die Geschehnisse waren aus unserer Sichtweise unreif und inakzeptabel." Die Eskalation "insbesondere durch Schulexterne" sei keine Absicht gewesen.
Gymnasium, Elternbeirat und die Stadt Starnberg veröffentlichten zudem eine gemeinsame Erklärung. Man weist darin jede Beteiligung an den Unruhen von den Schülern des Gymnasiums zurück – sondern benennt stattdessen eine "private Parallelfeier außerhalb des Schulgeländes im öffentlichen Raum", von der "Schwierigkeiten" ausgingen. Weiter stellt man fest: "Um einer Wiederholung solcher Ereignisse präventiv entgegen zu treten, wird das Gymnasium das Zusammenwirken mit der Polizei suchen, um diese problembehafteten Parallelfeiern im öffentlichen Raum direkt in Schulnähe künftig zu verhindern."
Nach den Ausschreitungen versuchen die Ermittler, weitere Teilnehmer zu identifizieren. Die zwölfköpfige Ermittlungsgruppe "Rheinlandstraße" sichtet derzeit private Fotos und Videos, die über ein Uploadportal der Polizei hochgeladen wurden – bislang soll es aber nur wenig Bildmaterial geben, berichtet die "Süddeutsche".