Bootsunglück vor Australien Segler in Seenot: Wie ein 40-Zentimeter-Hai einen Neun-Meter-Katamaran außer Gefecht setzte

Von Barbara Barkhausen | 10.09.2023, 14:00 Uhr | Update am 15.09.2023

Drei Weltumsegler sind vor der Küste Australiens in Seenot geraten. Verantwortlich für die Havarie war ein Hai – allerdings kein großer Weißer Hai, sondern ein Zigarrenhai mit gerade mal 40 Zentimeter Länge. Wie konnte das passieren?

In lokalen australischen Medien war diese Woche die Rede von mehreren Haiangriffen auf ein Boot. Details gab es zunächst wenige, nur dass die drei betroffenen Segler von der Küstenwache gerettet werden konnten. Das Drama spielte sich vor der australischen Nordostküste ab. „AMSA hat die Rettung von drei Menschen aus einem Katamaran im Korallenmeer koordiniert, nachdem der Rumpf ihres Schiffes durch mehrere Haiangriffe beschädigt worden war“, schrieb die Australian Maritime Safety Authority (AMSA) auf dem Kurznachrichtendienst X (früher Twitter). Das betroffene Boot war vom Pazifikstaat Vanuatu aus in See gestochen.

Verantwortlich für das Unglück war ein 40-Zentimeter-großer Hai

Wer dabei jetzt an Weiße Haie denkt, die sich blutrünstig auf ein Boot stürzen, liegt allerdings falsch. Am Donnerstag berichtete der australische Sender ABC, der verantwortliche Hai war ein sogenannter Zigarrenhai (Isistius brasiliensis). Ein gerade mal 40 Zentimeter großes Tier der Familie der Dornhaie (Squalidae). Doch die scharfen Zähne des kleinen Hais reichten aus, dem Neun-Meter-Katamaran im wahrsten Sinne des Wortes „die Luft aus den Segeln“ zu nehmen.

Passiert war Folgendes: Drei Segler – zwei Russen und ein Franzose, die sich auf einer Weltumseglung befinden – aktivierten am Mittwoch gegen 1:30 Uhr am Morgen ein Notsignal. AMSA koordinierte daraufhin die Rettung etwa 835 Kilometer vor der Küste von Cairns. In einem Post auf Instagram schrieb die Besatzung, dass sie am 4. September zum ersten Mal von Haien angegriffen worden sei. Dabei sei der hintere linke Teil des aufblasbaren Katamarans beschädigt worden – und bereits „vollständig unter Wasser“ gewesen. Trotzdem seien sie zu diesem Zeitpunkt noch weitergesegelt.

Am nächsten Tag wurde der Katamaran dann jedoch erneut von Haien angegriffen. Dieses Mal wurde nun auch der rechte „Ballon“ beschädigt. „Der Katamaran verlor das Gleichgewicht und begann zu sinken“, schrieb das Trio auf dem sozialen Medium. Daraufhin hätten sie dann das SOS-Signal abgesetzt. Die australische Küstenwache koordinierte die Rettung. Innerhalb von nur 45 Minuten nahm ein Frachtschiff die Besatzung auf. Die Geretteten – die Sibirier Evgeny Kovalevsky und Stanislav Beryozkin sowie Vincent Garate aus Frankreich – trafen am Donnerstag nun in Australien ein.

Sprichwörtlich „die Luft ausgegangen“

Die Weltumsegler waren einst vor über zwei Jahren von Sankt Petersburg aus gestartet. Während der Fahrt musste die Crew das aufblasbare Boot schon einmal austauschen. Auch damals war das Schiff vor Tahiti von Haien beschädigt worden. Auch das neue Boot geriet nun wegen der Raubfische in Probleme. Anfänglich war nicht bekannt, welche Spezies genau den Katamaran in Schwierigkeiten brachte.

Zigarrenhaie sind relativ kleine Tiere, die normalerweise nur um die 40 Zentimeter groß werden, wie Daryl McPhee, ein außerordentlicher Professor für Umweltwissenschaften an der Bond University in Australien, dem Sender sagte. Die Tiere hätten es häufig auf große Beutetiere, darunter Wale und große Fische, abgesehen, die sie anbeißen und „keksgroße“ Stücke aus ihrem Körper reißen. Letzteres hat ihnen den Namen „Cookiecutter Shark“ im Englischen verliehen. Ein „Cookiecutter“ ist ein Keksausstecher.

Angriffe von Zigarrenhaie sind äußert selten

Die großen Beutetiere erklären vielleicht auch, warum der kleine Hai seine scharfen Zähne an dem Boot getestet hat. McPhee hält es für möglich, dass der Raubfisch den Bootsrumpf mit einem Wal- oder Delfinkadaver verwechselt haben könnte. Es habe schon häufiger mal Berichte gegeben, wonach die Tiere U-Boote oder auch Unterseekabel angebissen hätten, berichtete er. Laut des australischen Professors besitzen die kleinen Tiere eine „merkwürdige und etwas beängstigende Reihe von Zähnen“.

Obwohl die Zähne durchaus furchterregend wirken, sind die Haie normalerweise keine Gefahr für den Menschen. Von den wenigen registrierten Angriffen sei bisher keiner tödlich verlaufen, sagte McPhee. In Australien war zuletzt ein siebenjähriger Junge angegriffen und verletzt worden. Die Attacke ereignete sich 2017 auf Magnetic Island, einer Insel an der Nordostküste des Landes.

Doch auch wenn Angriffe von Zigarrenhaien ausgesprochen selten sind – mit aufblasbaren Booten wie dem betroffenen Katamaran oder auch mit einem Schlauchboot könnten die Tiere relativ einfach „kurzen Prozess machen“, so McPhee.

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