
Ihre Dresdner Rede zur künstlichen Befruchtung hat gerade für medialen Lärm gesorgt. Jetzt kommt Sibylle Lewitscharoff auf Samtpfoten daher – mit ihrem Katzen-Krimi „Killmousky“. Auf miserable Thesen folgt nun ein miserables Buch.
Mit Stichworten wie „Onanie-Verbot“, „Kopulationsheime“ und „Halbwesen“ für die aus künstlicher Befruchtung entstandenen Kinder hatte Lewitscharoff am 2. März 2014 in Dresden für Empörung gesorgt . Die mit dem Büchner-Preis geehrte Autorin, die zuletzt den Philosophen-Roman „Blumenberg“ (2011) publiziert hatte, machte in Dresden Anleihen bei einem Vokabular, das zumindest missverständlich genannt werden muss .
Jetzt befremdet sie ein zweites Mal – weil sie mit „Killmousky“, einem Roman um einen Kommissar mit Katze, ein ernüchternd unbedarftes Buch vorlegt. Erst laut tönend, nun sanft schnurrend – das klingt wie obendrein die Umkehr der Thementaktung eines anderen Autors, der gerade für Wirbel sorgt. Akif Pirinçci, der mit dem Krimi um den ermittelnden Kater „Felidae“ (1989) und einer Reihe von Nachfolgeromanen prominent wurde, hat sich gerade mit „Deutschland von Sinnen“ eine „Wut-Fibel“ geleistet, die jedes verbale und argumentative Niveau unterschreitet. Mit dem Motiv der Katze von der Büchner-Preisträgerin zum Wut-Autor? Eine Zufallsparallele mit einem Schuss Plausibilität.
Doch worum geht es in „Killmousky“? Richard Ellwanger ist pensionierter Kriminalkommissar, der an seinem übertriebenen Gerechtigkeitsdrang gescheitert ist. Wie der Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner, der 2002 dem Entführer Jakob von Metzlers Gewalt androhen ließ , um den Aufenthaltsort des Opfers zu erfahren, hat auch Ellwanger einem Entführer gedroht. Es nützt nichts: Die entführten Mädchen sind tot, Ellwanger verliert den Job.
Bevor er so richtig Angst haben muss zu verkommen, dreht das plötzliche Erscheinen des schwarzen Katers Killmousky sein Leben – und ein erstaunlicher Anruf aus New York. Der Pensionär aus München-Solln soll klären, ob die tote Tochter eines Milliardärs von deren aalglattem Ehemann ermordet wurde.
Welcher Leser soll das als plausible und obendrein Spannung verheißende Eröffnung hinnehmen, ausgerechnet in einem Kriminalroman? Lewitscharoff macht, was einer Katze wie Killmousky so gut wie nie unterläuft – sie langt kräftig daneben. Und sie kupfert für ihre Erzählkonstellation mächtig ab: bei Raymond Chandlers „Der große Schlaf“ (1939). Leider ist Ellwanger, der alsbald durch New Yorker Tiefschnee stolpert und sich auch sonst nicht zurechtfindet, alles andere als ein Philipp Marlowe. Und Sibylle Lewitscharoff nicht die Autorin für eine intelligente Persiflage des Krimi-Genres.
Nein, sie lässt ihren Ellwanger am Anfang des Romans gar im Fernsehsessel eine „Inspector Barnaby“-Folge anschauen. Auf dem dramaturgischen Niveau dieser TV-Serie läuft es dann auch einen, Gott sei es gedankt, nicht allzu umfangreichen Roman lang weiter. Mit Ellwanger treten wir in ein Wachsfigurenkabinett der Charakterschablonen von tattrigem Milliardär über die aparte Zicke bis hin zum ewig lächelnden Bösewicht. Eine Erzählsituation wirkt unwahrscheinlicher als die andere. Obendrein tritt die Handlung, wie auf diesem Hintergrund zu erwarten, quälend lange auf der Stelle. Erst als Ellwanger in die Gewalt des Mörders gerät, kommt ein Hauch von Suspence auf – wenigstens bis zur hanebüchen albernen Auflösung dieser gefährlichen Situation.
Warum tut Sibylle Lewitscharoff ihren Lesern diesen miserabel gebauten und schludrig formulierten Roman an? Diese peinigende Frage mag ebenso unbeantwortet bleiben wie die nach den weiteren Taten des begriffsstutzigen Ellwanger. Aber was wird aus Killmousky? Der Kater gibt dem Roman den Titel. Mehr aber nicht. Schade eigentlich. Allein dieses schwarze Tierchen hätte eine zweite Chance verdient. Das einzulösen fiele allerdings in das Fachgebiet von Akif Pirinçci. Auch keine Lösung.
Sibylle Lewitscharoff: Killmousky. Roman. Suhrkamp Verlag. 223 Seiten. 19,95 Euro. www.suhrkamp.de